15.03.2018
1012 Thomas Schüler Architekten und Stadtplaner, Düsseldorf (DE)
mit faktorgruen, Freiburg (DE)
Den Wettbewerbsbeitrag von Thomas Schüler Architekten und Stadtplaner mit faktorgruen wertete das Preisgericht vom 23.11.2017 mit Anerkennung.
Der Wettbewerbsbeitrag
zu “Wohnen in Donauwörth | Das neue Alfred-Delp-Quartier”:
( Zusammenstellung aus original Text, Plänen und Illustrationen; freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Thomas Schüler)
151620
Gartenstadt Alfred-Delp-Quartier
Stadträumliche Lage
Die Alfred-Delp-Kaserne war bislang ein abgeschlossener Bereich, um den sich die Stadtentwicklung Donauwörths herum entwickelt hat. Durch seine Öffnung besteht nun die Möglichkeit diesen besonderen Ort erlebbar und zugänglich zu machen. Die Insellage der Kaserne wird zukünftig Teil des städtischen Gefüges und wird wesentliche Vernetzungsfunktionen zwischen den angrenzenden Stadt- und Grünbereichen übernehmen.
Die Planung sieht vor das Kasernengelände sowohl mit den angrenzenden Stadtteilen zu verweben und es gleichzeitig als eigenständiger Stadtbaustein erlebbar zu machen. Die neuen Baufelder werden behutsam in das Gelände eingefügt, so dass möglichst viele Bestandsbäume erhalten bleiben können. So werden die Voraussetzungen für einen gemischt genutzten Stadtteil für Wohnen und Arbeiten geschaffen, welcher eingebettet im Bestandsgrün das Bild einer Gartenstadt entstehen lässt.
Das Konzept schafft einen familienfreundlichen naturbezogenen Stadtteil, der über eine hohe Freiraumqualität Gemeinschaft, Identität und Kommunikation fördert und somit die Voraussetzung für eine hohe Wohn- und Lebensqualität im Quartier schafft.
Grüne Mitte
Das freiräumliche Herzstück des Quartiers wird durch die Grüne Mitte als kommunikative und gemeinschaftliche Parkfläche gebildet. Die großen Bestandsbäume werden hier durch Neupflanzungen ergänzt und prägen den Charakter des neuen Stadtteils. Als zentrale Grünfläche bildet sie die gemeinschaftliche Mitte und fördert die Identifikation mit dem Quartier.
Durch die Nutzung für Spiel und Freizeit trägt die Grüne Mitte zur Qualitätssteigerung des gesamten Stadtteiles bei und bildet ein neues zentrales Freiraumelement mit einer hohen Aufenthaltsqualität. Sie wird naturnah ausgebildet und nimmt die erforderlichen Ausgleichsflächen für das Gebiet auf. Gleichzeitig übernimmt sie die Funktion eines zusätzlichen Retentionsraumes für das anfallende Regenwasser. Die Grüne Mitte trägt durch ihre Aufenthaltsqualität und ökologische Funktion als Regenwasserretentionsfläche zur Qualitätssteigerung des Quartiers bei.
Eine zentrale Freitreppe in Verlängerung der Hauptzufahrt bildet den nördlichen Abschluß der Grünen Mitte. Vorgelagert befindet sich ein Aktionsband welches mit unterschiedlichen Spiel- und Sportflächen einen besonderen kommunikativen Treffpunkt bildet. Großzügige Sitzstufen schaffen Aufenthaltsbereiche mit hoher Verweilqualität und öffnen das Gebiet stadteinwärts. Der besondere Blick nach Süden wird inszeniert und für alle Bewohner erlebbar gemacht.
Die Grünen Anger
Zwei Grünfugen in Nord-Süd- Richtung durchqueren das Quartier und münden in die zentrale Grüne Mitte. Sie bilden die Hauptwegeachsen innerhalb des Quartiers und schaffen großzügige Wegekorridore zur angrenzenden Parksiedlung und den nördlichen Freiflächen.
Als lange Anger schaffen sie Zonen für kleinere Spiel- und Aufenthaltsflächen und nehmen die Retentionsflächen zur Rückhaltung des anfallenden Regenwassers auf. Sie werden naturnah ausgebildet und bieten zusätzliche Ausgleichsflächen für das Gebiet. Lockere Baumstellungen mit Obstbäumen greifen das Motiv der Streuobstwiesen auf und lassen die Landschaft in den Siedlungsraum hineinfließen.
Zentrale Quartiersplätze an der Grünen Mitte
An den Stirnseiten des Quartiersparks entstehen kleine Platzsituationen, die hier dem Grünraum seinen Abschluß geben und zum dem Park hin öffnen. Die Plätze dienen als Orte für öffentliches und gemeinschaftliches Leben und werden jeweils durch offene Höfe mit Mehrgenerationenwohnen gerahmt. Hier befinden sich kleine Läden, die Kitas und eine zentrales Quartierscafe, welche hier als Magneten wirken.
Bänke unter den Bäumen laden zum Verweilen ein und geben dem Platz den Charakter eines Wohnzimmers für die angrenzenden Bewohner des Quartiers. Als urbaner Platzraum lässt er vielfältige Nutzungsmöglichkeiten zu und integriert zentrale Spiel- und Aufenthaltsflächen.
Der Landschaftspark
Die Grünen Anger verbinden sich mit dem südlichen Grünzug und schaffen hier gut erkennbare Zugangssituationen in das neue Stadtquartier. Die vorgelagerte Promenade wird hier aufgeweitet und bildet eine Platzsituation, die sich als Balkon in den Grünzug schiebt und hier einen Kommunikationsort mit einer hohen Aufenthaltsqualität schafft.
Der neue Grünzug erhält ein großzügiges Entree in Form von Sitz- und Rasenstufen und schafft die Verbindung zwischen der Altstadt und dem neuen Stadtquartier. Ein Treppenweg in Verbindung mit einer begleitenden Rampe überwindet den Höhenunterschied, eine neue Brückensituation über die Bundesstraße bindet das Freibad mit ein und schafft einen neuen Eingang in den Schellenberg. Die Schanze wird in ihrer Kontur herausgearbeitet und locker mit Bäumen überstellt. Sie bildet das Wahrzeichen des neuen Quartiers und einen Verteiler für die ankommenden Wege. Die Schanzenstraße wird verkehrsberuhigt und auf die erforderliche Mindestbreite zurückgebaut.
Städtebau
Das städtebauliche Konzept entwickelt sich aus der freiräumlichen Grundidee. Die Siedlungsstruktur folgt den Höhenlinien und bildet eine gestaffelte Bebauung mit guter Süd-Westorientierung. Die kompakten Baufelder gruppieren sich hangaufwärts und bilden kleine Wohnhofsituation.
Die Baufelder ermöglichen auf verschiedenen Parzellengrößen eine flexible Bebauung für Geschoßwohnungsbau, Baugruppen und Stadthäuser mit unterschiedlichen Wohn- und Arbeitsmodellen und ermöglichen so die Voraussetzung für eine flexible städtebauliche Körnigkeit. Die Bautypen auf den Grundstücken sind grundsätzlich austauschbar, wobei die Dichte an der Grünen Mitte am höchsten ist und sich zu den Rändern hin auflockert.
Das modulare Konzept der einzelnen Wohnhöfe bildet das städtebauliche Grundgerüst und ermöglicht eine Vielzahl unterschiedlicher Bautypologien. Es ist robust für spätere Veränderungen ohne die städtebauliche Grundidee zu verlieren. Das Konzept bildet so die bautypologische Voraussetzung für ein dichtes innerstädtisches gemischtgenutztes Stadtquartier, für ein nebeneinander von Wohnen, Arbeiten und Freizeit.
Die Grüne Mitte wird durch verdichtete Wohnhöfe gerahmt, die hierüber ihre Adresse erhalten. Eine differenzierte Bebauung mit unterschiedlichen Gebäudetypen bildet eine spannungsvolle Raumkante mit abwechslungsreicher Architektur die hier der Grünen Mitte ihre Raumkanten geben.
Erschließung
Die Erschließung des 1. BA erfolgt über die zentrale Hauptachse die ausgehende von der Schanzenstraße bis zum Quartiersplatz führt. In seiner Weiterführung entsteht eine ringförmige Erschließung die alle weiteren Baufelder anbindet.
Nach Freiwerden des 2. BA wird die Hauptzufahrt an die ursprüngliche Stelle im Kreuzungsbereich der Jurastraße verlegt, wo das erhaltene Zugangsgebäude den Auftakt bildet. Die neue Zufahrt führt Wege- und Blickachse in das Quartier hinein, über die Grüne Mitte hinweg weiter in den freien Landschaftsraum. Die Zufahrt verbindet sich mit der Ringerschließung des 1. BA zu einer klaren inneren Verkehrsführung.
Der Straßencharakter innerhalb der einzelnen Wohnquartiere wird zugunsten einer Mischfläche ohne erkennbare Fahrbahnbereiche aufgelöst, wodurch gemeinschaftliche Räume zum Spielen, Treffen und Aufenthalt entstehen. Einzelne Stellplätze unter Bäumen gliedern den Straßenraum und wirken geschwindigkeitsmindernd. Die Erschließungsschleifen sind nur für die Anwohner befahrbar, dadurch werden die Quartiere von Durchgangsverkehr frei gehalten. So entstehen verkehrsberuhigte Innenbereiche mit einer hohen Nutzungsqualität der Freiräume.
Mobilitätskonzept
Direkt an den Quartiersplätzen und in direkter Nähe zu den Haltepunkten der Busse befinden sich die zentralen Mobilitätsstationen. Unter einer leichten Dachkonstruktion befinden sich die Einrichtungen der Bushaltestelle und alle Funktionen für das Konzept der „sanften Mobilität“. Angegliedert befinden sich die carsharing Stellplätze und Leihfahrräder, sowie die Ladestationen der Elektromobilität.
Die Mobilitätsstationen liegen zentral im Kreuzungspunkt aller Wege und leisten ihren Beitrag zur Reduzierung des Kfz-Aufkommens. Die Fuß- und Radwege durch den Grünraum stärken das durchlässiges innere Erschließungskonzept und fördern den Individualverkehr.
Regenrückhaltung
Für die Entwässerung des gesamten Gebietes wird ein dezentrales Regenwassermanagement in drei Stufen vorgeschlagen, mit dem Ziel, das anfallende Regenwasser möglichst lange zurückzuhalten bzw. einer Mehrfachnutzung zuzuführen.
In einer ersten Stufe wird das anfallende Regenwasser aus den privaten Flächen in dezentralen Retentionszisternen gesammelt, auf dem Grundstück zurückgehalten und in Form von Grauwassernutzung zur Gartenbewässerung oder für die Toilettenspülung genutzt. Dadurch kann auch der Verbrauch an kostbarem Trinkwasser reduziert werden. Lediglich ein Notüberlauf wird über die offenen Mulden abgeleitet. Die anteilige Dachbegrünung kann das anfallende Regenwasser aus den privaten Flächen zusätzlich reduzieren.
Das Regenwasser aus den öffentlichen Straßen- und Platzflächen wird in einem Netz aus offenen Rinnen gesammelt und den zentralen Grünflächen der beiden Anger zugeführt. Diese sind durch einzelne Sitzstufen kaskadenartig angelegt, so dass das überschüssige Wasser jeweils an die tiefer liegende Mulde weitergeleitet wird.
Über die Grüne Mitte, die ebenfalls als Retentionsraum dient, gelangt das Wasser als letzter Baustein schließlich in den südlichen Landschaftspark, von hier aus erfolgt am tiefsten Punkt des Geländes ein Anschluss an den bestehenden Regenwasserkanal als Notüberlauf.
Durch die hohe Verweildauer des Wassers in den begrünten Mulden kann ein Teil des Wassers verdunsten oder es versickert bereits in den Vegetationsflächen. Die offenen Regenwassermulden tragen so gleichzeitig zur Verbesserung des Mikroklimas bei.
Die Investitionskosten können durch den Entfall aufwendiger unterirdischer Kanäle zugunsten eines offenen Systems minimiert werden, das Thema der Regenwasserbewirtschaftung wird als ökologische Qualität sichtbar und erlebbar gemacht und trägt zum positiven Image der Siedlung bei.
Energie
Alle Gebäude haben durch gute Südorientierung, hohe Kompaktheit und geringe Verschattung ausgezeichnete Voraussetzungen für einen niedrigen Heizenergiebedarf. Die städtebauliche Struktur aller Gebäudetypen ermöglicht eine verschattungsfreie Integration solarer Energiesysteme auf den Flachdachflächen. Mit einer Solarfläche von 1/3 der Dachfläche ist eine Dachbegrünung eine ökologisch optimale Kombination.
An zentraler Stelle in de Grünem Mitte integrierte wird die Energiezentrale vorgesehen, welche hier die Besonderheit des Quartiers sichtbar macht und die Energiegemeinschaft symbolisiert. Identitätsstiftend wird die Siedlung von hier aus mit Wärme versorgt. Die zeichenhafte Energiezentrale wird vorrangig aus regenerativen Energiequellen Wärme und Elektrizität erzeugen. Ein Nahwärmenetz transportiert die Wärme zu den Wärmeübergabestationen in allen Gebäuden.
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Einzelbewertung des Preisgerichtes vom 23.11.2017
aus der Ausstellungsinformation:
Wohnen in Donauwörth / Das neue Alfred-Delp-Quartier; Einzelbewertungen, S. 14f.
“…
Einzelbewertungen
1012 / Anerkennung
Die Arbeit 1012 fußt auf einem stringenten H-förmigen Erschließungssystem. das sich vom Sportplatz bis an die südliche Kante erstreckt. Die Dichte nimmt von Norgen nach Süden zu – die verschiedenen Nutzungstypologien sind streng von Nord (EFH/DH) nach Süden (MFH dann Gewerbe) segregiert. Der Exerzierplatz wird zur grünen Mütte mit angegliederten Sondernutzungen wie Spiel- und Sportflächen mit einem sogenannten Quartiersplatz im Westen, der aber keine Raumkanten hat und keine Platzqualitäten entfalten kann.
Es entsteht ein, in sich schlüssiges, System, viel Wohnraum gut erschlossen auf dem Grundstück unterzubringen.
Während die Grundstruktur durchaus Gefallen findet, und der Bezug zu den bestehenden Terrassierungen gut ablesbar ist – bleibt der Entwurf schematisch und es gelingt den Verfassern nicht, aus der Übersetzung der bestandstopographie eine innovative Stadtstruktur zu entwickeln. Gerade die fehlende Nutzungsmischung, wie auch eine fehlende Raumdifferenzierung sind das große manko des Entwurfes. Positiv überzeugt die Umsetzbarkeit des Entwurfes in einzelnen Bauabschnitten.
Die Wirtschaftlichkeit des Entwurfes liegt im oberen Bereich.”