Auszug aus: Dr. HANS GEBHART: Die Münzen und Medaillen der Stadt Donauwörth; S. 1-4; Abteilung Verlag der Münzhandlung A. Riechmann & Co.; HALLE (SAALE) 1924; (Original in Sammlung G. Dinger)
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Donauwörth im 11. und 12. Jahrhundert.
Die Urkunde von 1030.
Donauwörth, im Riesgau an der Mündung der Wörnitz in die Donau gelegen, war der Stammsitz eines begüterten Edelherrengeschlechtes. Die Herren von “Werd”, wie Donauwörth in älteren Zeiten genannt wurde (auch Weride, lat. werda und werdae[1]) sind nicht identisch mit den Grafen von Dillingen, welche bis zum Ende des 10. Jahrhunderts die Burg Wird und Schutz und Zoll der hier über die Donau führenden Brücke inne hatten, wie noch Beyschlag in seinem „Versuch einer Münzgeschichte Augsburgs“ (1835) glaubte. Sie führen auch in den Urkunden den Grafentitel nicht, sondern werden dort als viri nobiles, illustres bezeichnet. Ihre Güter hatten sie in Werd und Umgebung, teils als Eigen, teils als Lehen vom Reich.
Durch seine Lage, durch die es den Übergang über die Donau und den Verkehr zwischen dem Süden und den nördlich dieses Flusses gelegenen Gebieten vermittelte, trug es die günstigsten Bedingungen zur wirtschaftlichen Entfaltung in sich.
Bereits um die Wende des 10. zum 11. Jahrhundert erhielt Aribo, der erste urkundlich bezeugte Vertreter des Geschlechtes der Werder Edelherren, auf seine Bitte von Kaiser Otto III. (983-1002) für Werd die Verleihung eines jeweils am Samstag zu haltenden Wochenmarktes einschließlich Zoll und Münze (Urkunde nicht bekannt). Kaiser Konrad II. (1024-1039) bestätigt auf Verwenden seiner Gemahlin Gisela und seines Sohnes Heinrich in einer zu Dortmund am 17. Januar 1030 ausgestellten Urkunde[2]) dem Sohne Aribos Mangold I. diese Rechte[3]) als Lohn für Dienste, die ihm dieser auf einer Gesandtschaftsreise nach Byzanz geleistet hatte, und erweitert[4]) sie insofern, als nun alljährlich ein drei Tage dauernder Markt, nämlich am 2. und 3. Mai, in Werd stattfinden durfte.
Werd tritt also während der sächsischen Kaiserzeit in die Geld- und Wirtschaftsgeschichte ein, während einer Epoche, seit der überhaupt erst von einer deutschen Geschichte in vollem Sinne gesprochen werden kann. Die Trennung zwischen Ost- und Westfranken war vollzogen, und zwar auch in dem Sinne, daß die Herrscher beider Reiche nicht mehr aus derselben Familie stammten. Das Stammreich der Merowinger und der Sitz der Karolinger war (West-) Franken gewesen. Von hier, als dem Zentrum ihrer Macht, hatten sie das Reich geschaffen. Hier hatte sich am frühesten Nationalbewußtsein und Kultur gebildet, die auch noch während des Zerfalls der Karolingischen Macht nachwirkten und die im gleichen Sinne die Teile des ostfränkischen Reiches nicht hatten und haben konnten. Das zeigte sich, als nach einem kurzen Aufblühen des Stammesherzogtums die sächsischen Kaiser das Reich zur Einheit führten. „Städte und Märkte mußten erst geschaffen, Handel und Verkehr in das Leben gerufen werden. Die Zahl der Münzstätten war verschwindend gegen die zahlreichen Münzstätten des westfränkischen Reiches“[5]). Die natürliche Folge war, daß die sächsischen Kaiser, um ihr Land wirtschaftlich zu heben, mit Markt- und Münzprivilegien nicht kargten. In diese Zeit des Aufschwunges fällt auch die uns beschäftigende Versehung Donauwörths mit Markt, Zoll und Münze unter Otto III.
Diese drei Einrichtungen waren losgelöst voneinander nach den damaligen Vorstellungen undenkbar. Sie kehren – mindestens zwei von ihnen zusammen – in der weitaus überwiegenden Anzahl der Urkunden immer wieder. Der Markt in einer Stadt an und für sich war eine Erscheinung, die sich aus günstigen Vorbedingungen geographisch-politischer Natur erklärt und notwendig wird und der in gewissem Sinne auch nicht verliehen werden kann, wenn eben diese Vorbedingungen fehlen. Ein wesentlicher Wert eines Marktprivilegs liegt in der Mitverleihung der Befugnis, Abgaben, Zölle zu erheben und, was dem Beliehenen unmittelbar zugute kommt, eine Münzstätte zu errichten. Der Markt bringt in diesen Zeiten der überwiegenden Naturalwirtschaft ein sonst nicht in gleichem Maße vorhandenes Bedürfnis nach einem einheitlichen und allgemein gültigen Tauschmittel, eben dem Münzgelde, mit sich. Dem kommt die Errichtung einer Münzstätte entgegen, durch die also in gewissem Sinne der Markt erst ermöglicht wird.
Eheberg unterscheidet vier Stadien von Münzverleihungen.
Das erste Stadium der Münzverleihungen, welches in die Zeit einer starken (karolingischen) königlichen Zentralgewalt fällt, ist das der Verleihung von Münzstätten (hauptsächlich unter Karl dem Großen). Münzhoheit, „das in der Staatsgewalt gelegene Recht, das Münzsystem zu regeln, d.h. Gesetze festzustellen, welches Edelmetall und in welcher Form es als Zahlungsmittel innerhalb eines Staatsgebietes gelte“, und Münzregal, „die ausschließliche Berechtigung des Staates, Münzen zu fabrizieren, in Umlauf zu setzen und den sich hieraus ergebenden Gewinn zu ziehen“, sind noch in der Hand des Herrschers vereinigt. Für die verschiedenen Bezirke des Reiches wird an bestimmten Orten geprägt, wobei es aber vorkam, daß auf Bitten – wegen der vielen Vorteile (Hebung des Verkehrs und damit der Einkünfte usf.) – an verschiedenen Plätzen königliche Münzstätten in Verbindung mit einem Markt errichtet wurden.
Das zweite Stadium (bis zur sächsischen Kaiserzeit) umfaßt die Verleihung von Münzstätten – meist aus religiösen Motiven und ausschließlich an geistliche Herren – und gewährt gleichzeitig dem Beliehenen die Einnahmen aus den Münzgefällen, während auf der
dritten Stufe, beginnend mit der sächsischen Kaiserzeit, dem Beliehenen das Recht gegeben wird, auf der Münze eigenen Namen und das eigene Bild zu prägen.
In der vierten Periode, deren Anfänge nicht recht zu bestimmen sind, die aber jedenfalls bereits um die Mitte des 12. Jahrhunderts blühte, kommt das Münzrecht (Regal) seinem vollen Inhalte nach an die Beliehenen, ein Zeichen des Verfalls der königlichen Macht. Die Münzhoheit bleibt – theoretisch wenigstens – immer beim König oder Kaiser.
Die Münzverleihung an Aribo und Mangold von Donauwörth ist also unter die dritte Periode dieser von Eheberg gezeichneten Entwicklung zu rechnen. Sie gehört zu den seltenen Verleihungen an weltliche Herren.
Im Gegensatz zu dem mit der Münze verliehenen „mercatus“ aus den Urkunden dieser Zeit, unter dem im allgemeinen nur ein Jahrmarkt zu verstehen ist, wird ausdrücklich erwähnt, daß der Aribo verliehene Markt ein Wochenmarkt war, der Mangold neuerdings bestätigt wird. „Wochenmärkte sind überhaupt erst bei weit höherer Kultur und Arbeitsteilung, wenn eine Klasse von Städten, die nicht Landwirtschaft treiben, sich gebildet hat, ein Bedürfnis“[6]). Es lassen sich aber trotzdem wöchentliche Märkte auf der Grundlage des Naturalaustauschverkehrs für Werd und nächste Umgebung denken.
Daß tatsächlich für diese Märkte gemünzt wurde, liegt nicht im Bereiche der Wahrscheinlichkeit. Denn diese Wochenmärkte können zu dieser Zeit unmöglich von solcher Bedeutung gewesen sein, daß hierfür eine eigene Münzprägung notwendig und rentabel gewesen wäre. Donauwörther Gepräge aus dieser Zeit sind jedenfalls nicht nachgewiesen.
Auch aus der Zeit Mangolds, der zu der Bestätigung dieses Wochenmarktes noch einen Jahrmarkt – für die Bedürfnisse des großen Handels – mit der Befugnis des Bannes erhielt, kommen keine Pfennige oder Denare vor, die mit ihren Hälften, den Scherfen, Hälblingen oder Obolen und den selteneren Vierlingen das einzige Münzgeld in Deutschland von Karl dem Großen bis rund 1300 darstellten. Das läßt zum mindesten auf eine sehr geringe Prägetätigkeit schließen, wenn ich es auch dahingestellt sein lassen möchte, ob nicht künftige Münzfunde – vielleicht aus entlegenen Gegenden, in die derartige in der Zeit der salischen Kaiser hauptsächlich für den Fernhandel gebrauchte Münzen gekommen sein mögen – uns Aufschluß bringen können.
Um die Mitte des 11. Jahrhunderts machte sich eine ziemliche Verwilderung des Münzwesens bemerkbar. Die Prägungen werden schlechter und das Münzgewicht geringer. So kommt es, daß man sich mehr von dem immer leichter werdenden Denar ab und der Zahlung in Silberbarren von Marktgewicht zuwandte, für das vorwiegend die Kölner Mark (233,85 g)[7]) Norm war. Letzteres erfuhr an den verschiedenen deutschen Orten eine mehr oder weniger große Verminderung oder Vermehrung. Bei größeren Beträgen wurde in unserem gebiet bis Ende des 13. Jahrhunderts in Barren gezahlt.
Von Mangolds Nachfolgern kennen wir keine weiteren Bestätigungen des Münzrechts. Der Letzte aus diesem Geschlechte war Mangold IV., gestorben 1148. Wahrscheinlich durch eine Ehe mit dessen Erbtochter kam die Herrschaft an den Pfalzgrafen Friedrich vom Wittelsbach.
Darnach[8]) fiel Donauwörth als Reichslehen an Kaiser Friedrich I. (1152-1190) zurück.
[1] „Der Name Donauwörth taucht erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts auf, das erste mal erscheint Tunawwerde in einer Hl. Kreuz-Urkunde vom 5. Juli 1484, wird aber bis in die ersten Dezennien des 17. Jahrhunderts im Vergleiche zu der vorherrschenden Benennung Schwäbisch-Wörth wenig gebraucht; erst von diesem Zeitpunkt an überwiegt der von der bayerischen Regierung besonders gepflegte Name Donauwörth und heutzutage ist er der allein Übliche.“ Steichele, Bistum Augsburg III, S. 693.
[2] Original im Stadt-Archiv von Donauwörth. (siehe Anhang!) Mon.Boic. XXXI, S. 309.
[3] „Culus rationabili petitioni assensum prebentes ob interventum dilectae coniugis nostrae Giselae Imperatricis Augustae et Charissimi fili nostri Heinrici Regis prefato fideli nostro Manigoldo potestatem atque licentiam habendi publico negotio in Loco Uueride dicto sito in pago Riece in comitatu Friderici maxime tamen omni sabbato negotiandi sicut ab antecessore nostro patri suo concessum est. per hoc nostrum Imperiale preceptum confirmamus atque corroboramus.”
[4] „Insuper attendentes predicti Manigoldi fidele et devotum servitium augmentamus eidem Manigoldo annuale Mercatum per tres dies continos.”
[5] Eheberg, Über das ältere deutsche Münzwesen usf., S. 19.
[6] Eheberg, a.a.O., S. 17.
[7] Kruse, Kölnische Geldgeschichte bis 1386, Ergänzungsheft IV der Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst.
[8] Der genaue Zeitpunkt ist unbestimmt. Steichele, Bistum Augsburg, Bd. III, S. 700, meint: Nach seinem (des Pfalzgrafen Friedrich) 1178 erfolgten Eintritt in das Kloster Ensdorf, wo er 1198 als Laienbruder starb; im Gegensatz dazu kommt Otto Rieder, „Das angebliche Donauwörther Stadtprivileg“, archiv. Zeitschr., Neue Folge Bd. 16 S. 253 auf Grund eingehender Forschungen zu dem resultat: „Er ist nie in ein Kloster gegangen und Mönch geworden, wenn er auch das Gewand eines Laienbruders getragen haben mag und noch vor 1179 seiner Ritterwürde sich wirklich begab.“
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