inhaltliche Wiedergabe des Leporellos “Donauwörth” der Buchhandlung Ludwig Auer (Sammlung G. Dinger):
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Donauwörth
Geschichtlich berühmte, ehemalige freie Reichsstadt am Einflusse der Wörnitz in die Donau.
Blick von der inneren Wörnitzbrücke.
Knotenpunkt der Eisenbahnlinien:
– Augsburg – Donauwörth – Treuchtlingen – Nürnberg
– Ingolstadt – Donauwörth – Neuoffingen – Ulm
– Donauwörth – Nördlingen – Pleinfeld.
Einwohnerzahl: 4576
(4078 Katholiken, 483 Protestanten, 4 Israeliten und 11 Andersgläubige).
Am Fuße des aussichtsreichen Schellenberges, an dessen Hängen am 2. Juli 1704 eine der blutigsten Schlachten des spanischen Erbfolgekrieges sich abspielte, liegt malerisch das von der Donau und Wörnitz bespülte Städtchen Donauwörth. Südlich davon breitet sich das weite Donautal aus, während gegen Norden waldbegränzte Höhenzüge, die letzten Ausläufer des fränkischen Jura, die nähere Umgebung bilden. Prächtige, wohlgepflegte Promenaden und Anlagen ziehen an der ganzen Nordseite der Stadt entlang bis zur Höhe des Schellenberges
und laden zu genußreichen Spaziergängen ein. Der fremde Besucher, der vom Bahnhofe herkommend durch das mit zwei festen Rundtürmen flankierte Riedertor das Innere der Stadt betritt und bei dem Rathause um die Ecke biegt, ist überrascht von dem reizenden Bilde, das sich vor seinen Augen eröffnet. Enge reihen sich in der weiten Hauptstraße, die in sanfter Schwingung die Höhe hinanzieht, die mannigfach geformten Häusergiebel aneinander. Kein geringerer als der kürzlich verstorbene Kunsthistoriker Dr. Bertold Riehl nannte dies eines der anziehensten Städtebilder Süddeutschlands.
Donauwörth von der Donaubrücke.
Donauwörth vom Weidenweg an der Wörnitz.
Donauwörth vom Kalvarienberge.
Das Cassianeum (ehemals Benediktinerabtei Heilig-Kreuz).
Beim Eintritt in die innere Stadt erhebt sich vor uns das massige Rathaus als ehrwürdiger Zeuge kraftvollen mittelalterlichen Bürgertums. In der rechts auf den Rathausplatz einmündenden Kapellstraße ist das ehemalige Deutschordenshaus mit wappengeschmückter Front und einer Denktafel zur Erinnerung an die 1696 erfolgte Errichtung des Wiener Deutschmeister-Regiments. Der gegenüber dem Rathause zur rechten Seite der Hauptstraße befindliche “Stadtzoll” mit dem flotten Erkertürmchen enthielt im obern Stocke zu reichsstädtischer Zeit die 1524 errichtete Herrentrinkstube. An derselben Straßenseite
ist weiter oben das 1732 erbaute stattliche Stadt-Kommandanten-Haus, das nun dem kgl. Amtsgerichte und dem kgl. Landbauamte dient. Auf dasselbe folgt das freistehende, hochgiebelige “Tanzhaus”, das ehemalige Kaufhaus der Stadt. In dem großen Saale, der das ganze obere Stockwerk einnahm und in dem an Markttagen die Kaufleute ihre Waren feil hielten, veranstaltete am 8. März 1500 die Bürgerschaft ein Fest zu Ehren des damals hier weilenden Kaisers Maximilian I., wobei der Kaiser mit der Gemahlin des Bürgermeisters Imhof den Tanz eröffnete. Maximilian hatte nämlich an jenem Tage die Nachricht von der Geburt seines Enkels, des nachherigen Kaisers Karl V., erhalten:
In das Gesamtbild der Hauptstraße fügt sich sehr malerisch der kräftige, gedrungene Turm der Stadtpfarrkirche mit dem anschließenden Chor. Erdröhnt gar von ersterem der majestätische Klang der 131 Zentner schweren “Pummerin”, so kommt eine feierliche Stimmung in das altertümliche Städtchen. Die Kirche ist eine einfache dreischiffige Hallenkirche mit originellem Fenstermaßwerk in spätgotischem Stil. An den Außen- und Innenwänden befindet sich eine Reihe interessanter Epitaphieen. Von Werken älterer Kunst hat die Kirche, die in neuerer Zeit durchgreifend restauriert wurde, leider wenig aufzuweisen. Ihr größter Schmuck ist das 1503 aufgerichtete Sakramentshäuschen, ein äußerst zierliches, aus feinem Sandstein gearbeitetes Kunstwerk, das bis zur Wölbung des Chores hinaufreicht. Die neuere kunstgeschichtliche Forschung weist es dem Augsburger Bildhauer Gregor Erhardt zu.
Ecke der Bäcker- und Schustergasse.
In geringer Entfernung von der Stadtpfarrkirche erhebt sich als westlicher Abschluß der Hauptstraße das mit sehr hohen, steilen Zinnengiebeln gekrönte “Fuggerhaus”, jetzt Sitz des kgl. Bezirksamts. Es gehört der deutschen Frührenaissance an und hatte einst im Innern eine reiche künstlerische Austattung, von der leider an Ort und Stelle nur wenige, jedoch sehr beachtenswerte Reste erhalten geblieben sind.
Die Südfront des Fuggerhauses liegt an der Heilig-Kreuz-Straße, an deren Ende der ansehnliche Gebäudekomplex der
1802 aufgehobenen Benediktinerabtei Heilig-Kreuz sich befindet. In den von schönen, parkartigen Anlagen umgebenen Klostergebäuden ist seit 1876 die von Ludwig Auer gegründete Pädagogische Stiftung Cassianeum (genannt nach dem heiligen Bischofe und Lehrer Cassian) die eine Verlagsanstalt (Buchhandlung Ludwig Auer), zwei Erziehungsinstitute, eine pädagogische Bibliothek mit ca. 70000 Bänden und ein kleines Museum umfaßt. Die Bibliothek und das Museum sind zur Besichtigung werktäglich von 8 bis 12 und 2 bis 6 Uhr zugänglich. Sehenswert ist sodann die schöne Klosterkirche (erbaut 1717-1722 von dem Wessobrunner Baumeister Joseph Schmutzer), die baugeschichtlich in der Entwicklung des süddeutschen Barocks eine hervorragende Stelle einnimmt. In der Kirche ist das Grabmal der 1256 auf der Burg Mangoldstein
von ihrem Gemahle, Herzog Ludwig dem Strengen von Bayern, unschuldig hingerichteten Herzogin Maria von Brabant.
Wir begeben uns wieder zum Fuggerhause zurück, biegen links in die Pflegstraße ein und wandern zur Berger Vorstadt hinaus. Am Beginn derselben führt ein Weg rechts am ehemaligen Stadtgraben entlang zu dem vorhin erwähnten, geschichtlich denkwürdigen Mangoldstein. Es ist ein Jura-Kalkfelsen, der wohl einst durch vulkanische Kräfte aus der Tiefe hervorgepreßt wurde. Auf ihm erhob sich ehemals eine Burg, wie uns zwei an der Felswand angebrachte Gedenktafeln erzählen. Seit 1824 krönt die Spitze des Felsens ein eisernes Kreuz.
In flüchtigen Zügen hätten wir nun das einladende Städtchen geschildert. Von der schönen Umgebung können wir hier nur einige Punkte aufzählen, nämlich: Die in stillem Waldtale gelegene ehemalige Zisterzienser-Reichsabtei Kaisersheim (jetzt Kaisheim) mit ihrer großartigen Kirche in hochgotischem Stil, das malerische Bergschloß Harburg, das romantische Karthäusertal usw. bequem zu erreichen sind von Donauwörth aus die berühmten altertümlichen Städte Augsburg, Nürnberg, Nördlingen, Dinkelsbühl und Rothenburg, wohin direkte Bahnverbindungen gehen. Freunde ausgedehnter Fußwanderungen seien daran erinnert, daß Donauwörth der nordöstliche Ausgangspunkt der Nord- und Südrandlinie der Schwäbischen Alb ist. Von hier bis
Tuttlingen ist das ganze große, an Abwechslung reiche Gebiet für den Fußwanderer nach allen Richtungen markiert.
Wer über Donauwörth weitere Auskunft wünscht, der findet dieselbe in dem vortrefflichen, reich illustrierten
Führer durch die Stadt Donauwörth, deren Geschichte und Umgebung.
Von Dr. F. X. Thalhofer.
Donauwörth, Buchhandlung Ludwig Auer.
Preis 50 Pfg.
Noch eingehenderen Aufschluß bietet das “Hand- und Adreßbuch der Stadt Donauwörth”, herausgegeben von Karl Pohl. Donauwörth, A. Kriegersche Buchdruckerei. Gebunden Mk. 1,50.
Auskunft erteilt ferner der Verschönerungsverein (Vorstand: Herr Privatier und Magistratsrat Karl Görz).
Tr.
Empfehlenswerte Gasthöfe und Restaurants:
Hotel zur Krone, Spitalstraße 126 (am Rieder Tor); Omnibus am Bahnhof. Telephon-Nr. 2. Besitzer: Michael Abbt.
Hotel Krebs, an der Donaubrücke; Omnibus am Bahnhof. Telephon-Nr. 7. Pächter: Max Pfaffenzeller.
Gasthof zum Goldenen Hirsch, gegenüber der Stadtpfarrkirche. Besitzer: M. Wetzstein.
Gasthaus zum Engel, Reichsstraße 407. Pächter: Leonhard Graf.
Gasthaus zum Schwarzen Adler, Bahnhofstraße 106. Besitzer: Martin Heck.
Gasthaus und Brauerei zur Rose, Reichsstraße 401. Telephon-Nr. 61. Besitzer: Xaver Zaigler.
Weinstube Romerio, Sonnenstraße 360/61. Telephon-Nr. 37. Haupt-Niederlage der Firma Heinrich Eckel & Co., München. Besitzer: M. J. Schunck.